Schweiz: Kommission will alternierende Obhut fördern
Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates hat der parlamentarischen Initiative Kamerzin 21.449 «Bei gemeinsamer elterlicher Sorge die alternierende Obhut fördern» mit 10 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge gegeben. Die Initiative möchte gesetzlich festhalten, dass die Weigerung eines Elternteils der Einrichtung der alternierenden Obhut zukünftig nicht mehr entgegenstehen soll. Man spricht von alternierender Obhut, wenn der Betreuungsanteil der Eltern bei mindestens 30 bis 35 Prozent liegt.
Die Kommission weist darauf hin, dass die gemeinsame elterliche Sorge, die seit 2014 zur Regel geworden ist, in rund 80 Prozent der Fälle angewendet wird. Was die Obhut betrifft, so entscheiden sich die erstinstanzlichen Richter und Richterinnen bei einer Trennung im Falle von Spannungen zwischen den Eltern, auch wenn diese nicht gravierend sind, aber überwiegend gegen die alternierende Obhut und wenden stattdessen die traditionelle Lösung an, wonach die Obhut einem Elternteil zugeteilt wird und dem andern Elternteil ein Besuchsrecht zusteht. In der Schweiz leben die Kinder von getrennten Eltern folglich in 85 bis 90 Prozent der Fälle bei einem Elternteil und sehen den anderen Elternteil nur an zwei Wochenenden, d.h. an vier Tagen, pro Monat. Die Kommission weist darauf hin, dass heutzutage in vielen Familien beide Elternteile sehr engagiert in der Erziehung sind und viel Zeit mit ihren Kindern verbringen. Wenn ein Elternteil nach der Trennung seine Kinder nur noch vier Tage pro Monat sehen kann ist dies sowohl für den betroffenen Elternteil wie auch für die Kinder eine sehr schmerzhafte Situation. Die Kommission ist überzeugt, dass das Kindeswohl mit der alternierenden Obhut besser gewahrt ist, selbst dann wenn es zwischen den getrennten Eltern Konflikte gibt. Die Kommission erachtet es deshalb als wichtig, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichts, welche festgehalten hat, dass die Weigerung eines Elternteils der Einrichtung der alternierenden Obhut nicht entgegensteht, kodifiziert wird und sich das Modell auch an den erstinstanzlichen Gerichten durchsetzen kann. Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates erhält somit den Auftrag innert zwei Jahren eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten.
Quelle: https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-rk-s-2022-10-14.aspx?lang=1031