Wahlkampf 2024 ohne Familienrecht – ein zentrales gesellschaftspolitisches Anliegen bleibt völlig unberücksichtigt
Die bevorstehenden Nationalratswahlen bieten eine entscheidende Möglichkeit, gesellschaftspolitische Weichenstellungen für die Zukunft Österreichs zu diskutieren und zu setzen. Doch während viele Themen den Wahlkampf prägen, bleibt das Familienrecht, insbesondere das Kindschaftsrecht, weitgehend unerwähnt.
Verschobene Reform des Kindschaftsrechts: Ein verpasstes Versprechen
Bereits in der aktuellen Legislaturperiode war eine umfassende Reform des Kindschaftsrechts geplant und von Ministerin Zadic auch versprochen worden. Ziel war es moderne, gleichberechtigte Familienstrukturen rechtlich zu unterstützen und Kinderrechte zu stärken. Ein intensiver partizipativer Reformprozess wurde begonnen und versandete im Parteiensumpf.
Das Kindschaftsrecht ist ein Spiegelbild unserer gesellschaftlichen Werte und Normen. Es regelt nicht nur, wie Eltern ihre Verantwortung gegenüber ihren Kindern wahrnehmen, sondern auch, wie die Gesellschaft Gleichberechtigung und Fairness in familiären Beziehungen versteht und fördert. Dass dieses Thema im Wahlkampf keine Rolle spielt, ist ein Versäumnis, das dringend korrigiert werden muss.
Familienrecht als Spiegel unserer Gesellschaft
Fragen wie die Verteilung der Betreuungszeiten vor und nach einer Trennung, die Rolle von Vätern im Erziehungsprozess und die Bedeutung von Gleichberechtigung sind nicht nur juristische, sondern zutiefst gesellschaftspolitische Fragen. Es geht um nichts weniger als die Zukunft unserer Kinder und die Werte, die wir als Gesellschaft leben wollen.
Die momentane politische Ignoranz gegenüber diesen Themen verstärkt alte Rollenbilder und Ungleichheiten, anstatt sie zu hinterfragen und zu überwinden. Während viele andere Länder – Schweden, sei als nur ein Beispiel erwähnt – das Modell der Doppelresidenz erfolgreich etabliert haben, bleibt Österreich hinter diesen Entwicklungen zurück. Eine Weiterentwicklung des Familienrechts, die sich an den besten internationalen Modellen orientiert, ist dringend erforderlich.
Welche konkrete Antworten haben die wahlwerbenden Parteien?
Wir fordern:
- Transparenz und Weiterarbeit an der bereits begonnenen Reform des Kindschaftsrechts.
- Einführung der Doppelresidenz als Standardmodell nach Trennungen, um beiden Elternteilen die gleichberechtigte Betreuung zu ermöglichen.
- Rechtliche Absicherung der Vater-Kind-Beziehung und Abbau geschlechterstereotyper Vorurteile im Familienrecht.
- Einführung des Cochemer-Modells (= Demokratisierung von Verfahrensabläufen)
- Einbindung der Öffentlichkeit in den Reformprozess, um eine breite gesellschaftliche Diskussion zu fördern.
Das Familienrecht ist kein Randthema. Es berührt das Leben von Millionen Menschen in Österreich. Die Ignoranz gegenüber diesem Thema im Wahlkampf zeigt eine erschreckende Kurzsichtigkeit.
„Wir Väter“, fordern die wahlwerbenden Parteien dazu auf, im laufenden Wahlkampf konkrete und verbindliche Vorschläge zur Reform des Kindschaftsrechts zu präsentieren.
Anton Pototschnig ist Dipl. Sozialarbeiter, Familiencoach und Obmann der Plattform „Wir Väter“ und „Doppelresidenz.at“
Kinder leiden bei Scheidung auch gesundheitlich
Bergen – Wenn nach einer Scheidung das Verhältnis zum Vater schlechter wird, kann sich das auf die Gesundheit der Kinder auswirken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Bergen in Norwegen, die im Scandinavian Journal of Public Health (DOI: 10.1177/1403494819888044 veröffentlicht wurde. Angst, Depression, emotionale Probleme oder Stress könnten die Folge sein, sagte einer der Autoren der Studie, Eivind Meland, der Deutschen Presse-Agentur.
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“Ich werde das Kind nicht zwingen”
Kommentar von Anton Pototschnig, Obmann von Wir Väter und Plattform Doppelresidenz zum heutigen internationalen Tag der Eltern-Kind-Entfremdung.
Aufruf zur Kundgebung am 18.12.2023 um 8 Uhr am Ballhausplatz
Damit Trennungs- und Scheidungskinder den Alltag mit beiden Elternteilen gleichermaßen leben können, benötigt es klare rechtliche Rahmenbedingungen. Das ist in Österreich nicht der Fall.
Während in der Schweiz seit Jahren die Doppelresidenz gesetzlich geregelt ist und nun sogar zur Norm werden soll, blockiert Bundesministerin Raab seit rund einem Jahr ein neues Kindschaftsrecht.
In Österreich ist es normal, dass nach einer Trennung ein Elternteil die Last der Verantwortung alleine aufgebürdet bekommt und einer im Kontakt zum Kind auf 4 Tage im Monat beschränkt wird. So als würde die Liebe zu diesem nicht zählen. Bundesministerin Raab will daran nichts ändern. Loyalitätskonflikte der Kinder, Doppelbelastung und die damit zusammenhängenden Probleme der Mütter, Beziehungsverlust für Väter, sind ihr offensichtlich egal.
Justizministerium Zadic hat unter Beteiligung der Zivilgesellschaft ein Konzept ausgearbeitet, zu dem Bundesministerin Raab Stellung beziehen soll, damit es beschlossen werden kann. Bundesministerin Raab aber blockiert. Warum? Wahlkampftaktik? Ignoranz gegenüber Kindern und Eltern? Ignoranz gegenüber zivilgesellschaftlichem Engagement? Reine Machtpolitik?
De facto lässt sie mit ihrer Untätigkeit Kinder, Mütter und Väter im Stich.
Wir wollen Bundesministerin Raab dazu bewegen, dass bereits ausgearbeitetes Gesetz in die Umsetzung zu bringen.
Dazu treffen wir uns am Montag 18. Dezember um 8 Uhr morgens, vor dem Bundeskanzleramt (Ballhausplatz 2, 1010 Wien) um mit dem Slogan:
„Raab: Lass der Doppelresidenz Flügel wachsen!“ und „Schluss mit der Blockade!“ Druck zu machen.
Kommt auch.
Schickt Bundesministerin Raab diese Nachricht weiter und kommentiert sie mit eigenen Worten.
www.wir-vaeter.at
Schweizer Nationalrat will Doppelresidenz als Norm
Die Doppelresidenz („alternierende Obhut“) ist in der Schweiz schon seit Jahren gesetzlich verankert. Die alleinige Obhut ist demnach nur anzuordnen, wenn konkrete Gründe dagegensprechen. Motto: „Kinder haben das Recht, mit Vater und Mutter und der jeweiligen Verwandtschaft gleich viel Zeit zu verbringen. Dieses Recht der Kinder geht den individuellen Elterninteressen vor.“ Nachdem viele Richter:innen von der Regelung keine Notiz nehmen, hat der Schweizer Nationalrat im September 2023 mit sehr deutlicher Mehrheit beschlossen, die Doppelresidenz zur Norm zu erklären.